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Wir haben einen amtierenden FIA Vize-Europameister in unseren Reihen!

Nach langem Drängen ist mir gelungen, Reinhold Prantl einen Erfahrungsbericht über sein erstes (!) Jahr in der FIA Berg-Europameisterschaft zu entlocken:

2019 mein erster Versuch: FIA Berg-Europameisterschaft für Historische Automobile, FIA CEZ Berg-Meisterschaft für Historische Automobile – ein Saisonbericht

Notwendige Bedingung: FIA Historic Technical Passport (HTP)

Homologation 3053 (Porsche 911 Carrera RS 2,7 / RS 3.0 Gruppe 3, GTS bis 3 Liter Hubraum) Periode I (1977-1981)

Endlich: Mitte April wurde nach jahrelangen aufwendigen und teuren Rückbauten meine „gelbe Gefahr“ mit dem FIA-HTP „geadelt“ und war damit erstmals in der FIA Historic Hillclimb Championship start- und punkteberechtigt.

Am letzten Aprilwochenende geht´s daher (nach einem kurzen Aufwärmen bei Rupert Schwaigers Bergrallye am Ostermontag in Kitzeck) zu meinem Premierenrennen in der Europameisterschaft, die 2019 über 9 Rennen ausgetragen wird.

Großer Bergpreis von Österreich - 48. Internationales Rechbergrennen

Neben der Österreichischen Berg-Meisterschaft und der Berg-Europameisterschaft, gibt´s am Rechberg auch noch Punkte für die Europameisterschaft der FIA Central European Zone, die 2019 aus insgesamt 14(!) Rennen besteht.

Ein 2ter Platz in der Gruppe C3 hinter dem bekannt stark fahrenden Kärnter Markenkollegen Gerald Glinsner, ein 3ter Platz hinter Jean-Marie Almeras im legendären weinroten Eminence - Porsche 935 A4 in der Categorie C wird als erstes EM Ergebnis schon mal gerne so mitgenommen. 

Vom Rechberg geht es zum von Gerald Glinzner co-veranstaltete Bergrennen Simonhöhe. Bereits da zeichnet sich ein etwas ungleicher Kampf zwischen Gerald und dem Niederösterreicher Reinhard Sonnleitner im G-ladenen Allrad-Golf ab - Während Reini regelmäßig einen oder zwei „Gaststarter“ in seiner Klasse aufbieten kann, ist Gerald praktisch auf mein Antreten angewiesen, wenn er mit vollen Punkten um den ÖM-Meistertitel mitreden will. Am Ende wird Gerald trotz einer praktisch fehlerlosen Saison „nur“ Vizemeister in der Historischen ÖM.

Bereits eine Woche später fahren wir ins nahe gelegene Stubicke Toplice (HR), zum Eröffnungsrennen des Alpe-Adria Cup. Ein etwas enttäuschender Auftakt, auf der für mich neuen, extrem rutschigen Strecke bleibt nur Platz 3 im Auftaktrennen.

Der folgende Terminkonflikt Anfang Juni (Ecce Homo, CZ gegen Verzegnis, IT) führt uns diesmal nach Verzegnis in Italien, Sternberk muss wohl noch bis 2020 auf uns warten. Damit ist Sternberk als „Streicher“ für die erste Saisonhälfte der EM gesetzt, in der CEZ gibt´s ja keine Streichresultate, ein klarer Vorteil für die Vielfahrer unter uns. Naja, die zurückgewonnene Führung im Alpe-Adria Cup ist teuer erkauft mit zwei „Nullern“ in EM und CEZ.

Und der nächste Lauf in Gorjanci (SI) Mitte Juni zählt zu allen 3 Bewerben, so wie auch Buzet (HR) später im September. Aber auch hier in Gorjanci ist die Punkteausbeute eher enttäuschend. Wie so oft, sind auch diesmal nur 2 Starter in der Klasse C3. Volle Punkte in der Klasse gibt es aber nur, wenn mindestens 3 (2 in der ÖM!) Fahrer am Start sind. Das ist in den teuren, hubraumstärkeren Klassen immer seltener der Fall, während sich in den kleineren Klassen (vor allem bis 1300ccm) regelmäßig 3 und mehr Fahrer finden, die dann auch den Titel unter sich ausmachen. 

Jetzt aber kommt das Highlight der Saison: Das 69. Trento Bondone, das mit 17,3 km längste Bergrennen Europas. Von Trento über 1.350m hinauf auf den Monte Bondone zum Ziel in 1.658 Meter Seehöhe. Dieses Bergrennen, mit seiner gerade auch für Porsche so denkwürdigen Historie, stand schon von Anfang an ganz oben auf meiner motorsportlichen To-do Liste. Otto Mathe (1952), Wolfgang von Trips (1958), Edgar Barth (1959 - also in meinem Geburtsjahr, und das erste mal über die vollen 17,3 km, und dann noch 2 mal: 1963, 1964), Sepp Greger (1961), Gerhard Mitter (1966 und 1967). Der bisher letzte Gesamtsieg für Porsche (Silvano Frisoni, 1972) ist schon fast 50 Jahre her - ungefähr genau so lange, wie die Werksteams von Porsche, Ferrari, Maserati und Co sich statt der damals teilweise zur Sportwagen Weltmeisterschaft zählenden Berg-EM wieder ausschließlich auf die Rundstrecke konzentrieren.

Auch in der Historischen Europameisterschaft ist ein Gesamtsieg auf Porsche (fast) nicht mehr möglich - die Konkurrenz der Formelwagen und Sportprototypen, vor allem der Osellas, ist einfach zu groß. Einzig Jean-Maria Almeras, mit seinem auf 3,5 Liter Saugmotor zurückgebauten 935 Turbo kann da noch gelegentlich in der Gesamtwertung mithalten. Aber nicht in 2019 - der Motorschaden kündigt sich im Training bereits an, im einzigen Rennlauf am Sonntag schafft er es nicht mehr ins Ziel. Für mich dagegen beim ersten Antreten satte 15 Punkte: zum ersten mal bin ich dran am Titelverteidiger Jiri Kubicek und an Jean-Marie Almeras. Und das trotz deutlichem Leistungsverlust, kaum dass das kleine Örtchen Vaneze in Sicht kommt, sowie einem langsamen, dafür sehr breiten Mercedes, den ich sowohl im ersten Trainigslauf, wie auch am Sonntag im Rennlauf auf der Strecke überholen musste. Einzigartig, das gibt´s nur in Trento!  Wer die einzigartige Atmosphäre des längsten Bergrennens Europas selbst erleben möchte: Am 5. Juli 2020 gibts die 70te Auflage dieses Klassikers!

So geht es am Sonntag Abend gut gelaunt für ein paar Tage Urlaub nach Mailand, und am Donnerstag zum nächsten für mich neuen Schauplatz: 38. Cesana - Sestriere, von den Italienern CeSe genannt. Mit 10,4 km Länge die zweitlängste Strecke in der EM, auch hier daher wieder nur 2 Trainingsläufe am Samstag und ein Rennlauf am Sonntag - viel zuwenig, um sich mit dieser sehr schnellen und anspruchsvollen Hochgebirgsstrecke wirklich vertraut zu machen. Aber am Sonntag gelingt dem italienischen Rennfotograf ein tolles Foto von meinem Gelben, mit allen Vieren in der Luft! Das hat er aber bis zum Saisonfinale in der Toscana zurückgehalten - Überraschung gelungen! 

Nur eine Handvoll Österreicher sind da, dafür ist meine „Porsche-Klasse“ mit vielen erfahrenen local Heros hochkarätig besetzt. Jean-Marie fehlt aber nach seinem Ausfall in Trento, somit kann ich mit dem doch etwas enttäuschenden 5ten Platz und 9 Punkten hier trotzdem noch etwas Terrain aufholen.

3 Wochen Sommerpause, dann ein kurzer Abstecher nach Lucine (SVN), das diesmal sowohl zur CEZ, zum Alpe-Adria Cup und zur Österr. Bergmeisterschaft zählt. 

 Statt dem Grand Prix von Carin (BiH) gibts ausnahmsweise mal ein rennfreies Wochenende mit den Freunden vom PCCA und wir genießen unter anderem eine tolle Jedermann-Vorstellung am Salzburger Domplatz.

Ein Wochenende später schon die nächste Premiere: Die 3,6km lange, mit 21 Kurven ziemlich anspruchsvolle Strecke „Ustecka 21“ von Usti nad Orlici (CZ) erwartet uns mit herrlichem Sommerwetter. Wieder keine volle Gruppe, dafür zur Abwechslung Marijan Czapka aus Polen mit seinem mächtigen 928, dem ich mich auf der neu asphaltierten und damit topfebenen Strecke geschlagen geben muss. Als zweiter in der Klasse und in der Kategorie gibts dafür aber gute Punkte für EM und CEZ.

Und es geht Schlag auf Schlag: Schon 1 Woche später starte ich wieder in Slowenien, diesmal beim 25. GHD Petrol Ilirska Bistrica, das wieder zu EM, Alpe-Adria und ÖM zählt. Auch hier ist die Situation wie so oft: die „kleine“ Klasse ist voll, Jiri Kubicek, Strozic und di Fant könnten also voll punkten, während Gerald und ich jedenfalls mit halben Punkten vorlieb nehmen müssen. 

Aber es kommt doch ein bisschen anders als gedacht:

Jiri schmeisst seinen Skoda 130 RS im ersten Rennlauf auf halber Strecke so nachdrücklich durch die Leitschiene in die Botanik, dass er erst beim letzten Rennen in Coppa di Chianti mit einem recht „zivilen“ Skoda 100 Sedan seine EM-Führung erfolgreich ins Ziel retten wird. Ein echtes Wunder, dass das ohne Verletzung abgegangen ist - das Auto ist schrottreif - und die alten Skoda´s ja nicht gerade berühmt für Ihre Sicherheit.

Mir bringt ein zweiter Platz in der Klasse und ein zweiter Platz in der Kategorie 11 Punkte, genauso viel kassiert auch mein Freund Ivan di Fant für den zweiten Platz in der Klasse (trotz des Ausfalls von Jiri wird die mit 3 Startern als voll gewertet) und dem 6. Platz in der Kategorie.

Zwei Wochen später, das 38. INA Buzetski Dani (HRV), nicht weit von Ilirska Bistrica: Die Stimmung bei diesem Rennen ist unglaublich, die Fans sind entlang der ganzen Strecke verteilt, ich freue mich schon auf die Rückführung nach dem zweiten Rennlauf, da gibts Trommelkonzerte auf den Leitschienen, Bengalische Feuer, Räucherspeck und viel Applaus und gute Laune.

Aber Buzet ist auch nicht ohne Tücken: Endlich ist Jean-Marie Almeras wieder mal am Start, gut gelaunt plaudern wir am Samstag noch am Vorstart, im zweiten Trainingslauf ist allerdings schon wieder Schluß für ihn: Bruch des rechten vorderen Radträgers, ob vor oder nach dem Anprall an der Leitschiene, darüber schweigt das Protokoll -  Aufladen - Heimfahren - über 1000 km in eine Richtung - das ist schon irgendwie „charakterbildend“.

Super Zeit im ersten Rennlauf am Sonntag, am Start zum 2.ten Lauf bricht der Antriebsstummel vom Getriebe zur Antriebswelle - da ist mein Streichresultat für die zweite Saisonhälfte! Aufladen - Heimfahren - Naja, es sind wenigsten nur 320 km bis nach Hause - das ist ja näher als St. Agatha, wo ich nächstes Wochenende einen der seltenen Auftritte in der ÖM absolvieren möchte.

Gerald, mein guter Geist und genialer Mechaniker, erwartet uns schon am späten Sonntag Abend, direkt aus Buzet kommend. Kurze Abstimmung, Hänger mit Rennauto abkoppeln und ab nach Hause, am nächsten Tag muß ich ja zeitig wieder nach Brüssel zur Arbeit - Business as usual!

Donnerstag gegen Mitternacht: wieder zurück aus Brüssel. Freitag früh: Bus einräumen, Anhänger mit Rennauto abholen, ab nach St. Agatha. 

Eigentlich nicht gerade meine Lieblingsstrecke, mit 3,2 km etwas kurz für meine  Begriffe, dafür aber sehr schnell und doch auch schon ein sehr traditionsreiches Rennen. Zwei zweite Plätze (in Klasse und Gruppe jeweils hinter Gerald Glinzner) und dann schnell wieder ab nach Hause - noch ein kurzer Turn nach Brüssel, und dann gibt’s 10 Tage „Italienurlaub“.

Das Finale der Historic Berg EM findet 2019 wieder beim berühmten Coppa del Chianti Classico (heuer in der bereits 40. Auflage) statt. Eine 8 km lange, sehr schnelle und selektive  Strecke, die vom Start in Molino di Quercegrossa (kaum 10km nördlich von Siena) durch die Weinberge und Olivenhaine der Toscana nach Castellina in Chianti führt.

Auch dieses Rennen ist (wie CeSe) traditionell den Historischen Fahrzeugen vorbehalten, und zählt neben der FIA - HHC auch zum FIA Historic Nations Cup und zur Italienischen Historic Bergmeisterschaft. Außerdem gibt es hier eine Teamwertung, für die mich die Scuderia Bologna genannt hat.

Um die Spannung in der EM möglichst bis zuletzt hoch zu halten, hat dieses letzte Rennen einen Koeffizient 1,5 - es gibt also um 50% mehr Punkte als bei den bisherigen Rennen - kein Wunder, dass sich trotz der für viele weiten Anreise, über 200 Starter eingefunden haben.

Neben Jiri Kubicek mit einem ziemlich farblosen Skoda 110 L ist auch Jean-Marie Almeras mit dem Eminence-Porsche 935 wieder am Start - und ungefähr noch 12 weitere, hoch motivierte italienische 911er, die mir hier das Leben sehr schwer machen werden. Während Jean-Marie im Rennen mit 3’54.21 einen neuen Tourenwagen-Streckenrekord in den Asphalt brennt, kämpfe ich wieder einmal mit zunehmend häufiger werdenden und längeren Zündaussetzern. 

So bleibt mir am Ende der Klassensieg in der Klasse C3 (bis 3000ccm) der Kategorie 3 (Periode 1976 - 81) in der 2019er Ausgabe der FIA Historic Hillclimb Championship, sowie der 2te Platz in der Kategorie 3 hinter dem erfolgreichen Titelverteidiger Jiri Kubicek.

Weiters gibts noch den ersten Platz in der Teamwertung mit der Scuderia Bologna, sowie den zweiten Platz im Nationencup für Österreich. Nicht schlecht für die erste EM-Saison, mal schauen, was da noch kommen kann in den nächsten Jahren.

Text: Reinhold Prantl

Bilder: Anita Prantl