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50 Jahre Porsche Club in Österreich

Ein Ausflug durch 3 Bundesländer und 5 Jahrzehnte

Sommer 1956, ein lauer Sommerabend. Ich sitze auf der Terrasse des Cafe Landtmann und blicke in Richtung Burgtheater. Zwei Porsche 356 glänzen in der Abendsonne, die beiden Besitzer plaudern am Nebentisch über die enormen Kraftreserven des neuen 1600-Motors mit 60 PS. Nun gesellt sich ein weiteres Fahrzeug dazu, diesmal ein 356 Cabriolet. Als der Fahrer den blubbernden Motor abstellt, hört man das aufgedrehte Autoradio, Peter Alexander singt vom weißen Rössl am Wolfgangsee. Der Fahrer, ein groß gewachsener Mann in einem hellen Leinenanzug und mit Strohhut steigt aus und nimmt bei den bei den beiden anderen Porsche-Fahrern am Nebentisch Platz. Ein Gespräch über eine bevorstehende Clubgründung beginnt - die Gründung des ersten Porsche Clubs in Österreich.

Frühsommer 2006, es ist Freitag Abend und draußen regnet es in Strömen. Das macht aber nicht wirklich etwas aus, denn wir sitzen im Trockenen, genauer gesagt im romantischen Schloss Weikersdorf und lassen uns gerade den zweiten Gang servieren. Wir feiern gerade den Auftakt zur 50 Jahres-Feier des ersten Porsche Clubs in Österreich, das Motto lautet: “Speed trifft auf höchste Eleganz“. 50 Jahre sind es nun, in denen tausende Mitglieder in Österreich der Faszination der Porsche-Modelle verfallen sind und sich von Zeit zu Zeit in Rudeln zusammenrotten, um gemeinsam Ausfahrten zu veranstalten oder auch nur zu plaudern. Zur großen Feier haben sich über 190 Porsche-Freunde angemeldet, auch Gäste aus Deutschland und der Tschechei sind dabei.

Samstag Vormittag, auf dem Dach des Parkhauses der Messe Wien. Ein Porsche nach dem anderen kurvt die spiralförmige Auffahrt hoch und wird so geparkt, dass aus der Luft ein 50-Jahre-Zeichen sichtbar wird. Das älteste Fahrzeug stammt aus dem Jahr 1956, das jüngste ist nur wenige Wochen alt. Die Teilnehmer werden mit Getränken und Imbissen begrüßt und erfahren durch Kurzreferate, wie sich das Porsche-Leben in den vergangenen Jahrzehnten abgespielt hat.

Juni 1968. Ich sitze als Beifahrer in einem gelben 911 S Targa, wir sind auf dem Weg zum Porsche-Clubabend zu einem Restaurant in der Siebensterngasse. Es gibt nun bereits soviele Mitglieder, dass der Club in Regionen aufgeteilt wurde. Man bekommt zwar nicht mehr ganz so leicht Parkplätze wie noch 10 Jahre zuvor, aber innerhalb von ein, zwei Minuten ist immer was zu finden. Wir glühen durch die Kärntner Straße, vorbei an den ganzen Flanier-Cafes, im Autoradio spielt ein neuer Sender namens Ö3, ein gewisser Andre Heller spielt Eloise von Barry Ryan. Wir haben die Musik so laut aufgedreht, dass es auch das heisere Rasseln des Sechszylinders übertönt. Als wir zur Ringstraße kommen, geht nichts mehr weiter - eine kleine Studentendemo findet statt, allerdings ganz friedlich, keine Vergleiche, mit dem was im Mai in Paris los war. Die Demo zieht an uns vorüber, auch der gelbe 911er erntet begehrliche Seitenblicke, Klassenkampf hin oder her, in Österreich ist alles immer eine Spur gemütlicher.

Pfingsten 2006, Samstag Nachmittag: Nach einem Mittagessen in Oggau stehen wir nun vor dem Schloß Esterházy in Eisenstadt, die Porsches davor aufgefädelt. Das schönste Fahrzeug soll gewählt werden, jeder Teilnehmer hat eine Stimme und darf nicht sein eigenes Fahrzeug wählen. Ein weinroter 356 Carrera 2 aus dem Jahr 61 mit 130 PS geht als Sieger hervor, damals eine unerhörte Leistung, garniert durch das fantastische Röhren des Königswellenmotors bei hohen Drehzahlen.

Auf der weiteren Route ist dieser Wagen dann in seinem Element: Es gibt eine Gleichmäßigkeits-Sonderprüfung über den Stotzinger Berg, einer ehemaligen Porsche Teststrecke mit vielen Kurven, wie geschaffen für heckgetriebene Sportwagen. Jeder kann sich seinen Schnitt selbst aussuchen, zu schnell zu fahren hat aber keinen Sinn, denn die zweite Wertungsstrecke über den Exelberg am Sonntag ist deutlich langsamer angelegt.

Am Samstag Abend ist wieder Gemütlichkeit angesagt, wir treffen uns bei einem Heurigen in Baden und stärken uns an köstlichen Spanferkeln. Für große Heiterkeit sorgt die Herrengilde Oberwaltersdorf, die mit ihrem Kabarett auch uns Porschefahrer nicht mit Spott verschont.

Anfang Juni 72, auf der Terrasse des Cobenzl-Cafes hoch über Wien. Wir genießen nicht nur die Aussicht auf die Stadt, sondern auch auf den Parkplatz, dort parkt ein giftgrüner 911S - nun schon mit dem 2,4 Liter Motor- und knistert beim Abkühlen laut vor sich hin. Doch das ist nichts gegen seine Besitzerin: weiße Lackstiefel bis knapp unter die Knie, Hot Pants aus abgeschnittenen Jeans, darüber ein Mantel aus irgendeinem dünnen Fell. Leider steuert sie nicht unseren Tisch an, sie wird von einer anderen jungen Dame bereits erwartet. Wir überlegen, ob wir sie zum morgigen Clubabend einladen sollen, natürlich nur wegen des hübschen Autos. Und dann könnte man ja ins Atrium weiterziehen...

2006, Sonntag früh, Cobenzl-Parkplatz. Herr Auer, der das Cobenzl nach einem Brand in den Siebziger Jahren Mitte der Achziger wieder aufgebaut hat, öffnet und die Türen des Cafes und wärmt uns mit den ersten Schalen Kaffee. Nach und nach füllt sich der komplette Parkplatz mit Porsches, da wir zuviele für das Cafe sind, werden wir nach hinten in das für die meisten unbekannte Schloss Cobenzl gebeten und dort mit Kaffee und Kuchen versorgt.

Gesättigt vom Kuchen, aber hungrig auf weitere Kilometer bricht das gesamte Feld fast gleichzeitig zur zweiten Wertungsfahrt über den Exelberg auf. Die Straßen sind noch nass vom Regen und alle, die sich am Vortag einen nicht zu hohen Schnitt als Vorgabe eingebrockt haben, sind nun klar im Vorteil. Sieger der Gleichmäßigkeitswertung wird Clubmeister Rudi Schulz mit nur 0,01 km/h Abweichung zwischen den beiden völlig verschiedenen Wertungsstrecken. Wie er das mit dieser Genauigkeit schaffen konnte, obwohl er sich eigentlich in erster Linie auf die Fotoaufnahmen konzentrierte, blieb vielen ein Rätsel. Besondere Anerkennung erntete auch Julius Ehrlich für sein außergewöhnlich exaktes Roadbook, von dessen Präzision sich viele internationale Veranstaltungen eine Scheibe abschneiden können.

Über Berg und Tal auf kleinen Nebenstraßen geht es dann weiter bis nach St. Pölten, wo wir am Hauptplatz vom Bürgermeister empfangen werden. Während sich ein Teil der Fahrer bei einem kleinen Imbiss stärkt, nutzen einige kulturinteressierte Teilnehmer die Gelegenheit zu einer kleinen Stadtführung, ein durchaus exotisches Erlebnis.

Sommer 1983, mitten in der Nacht: Wir umrunden den Ring in einem weißen 911er Cabrio. Gerade die nächtlichen Stunden sind die ideale Zeit zum Cabriofahren in der Stadt. Kaum Verkehr, laue Luft, am Schwedenplatz ist ein Eis fällig. Vor wenigen Jahren war um diese Zeit in der Nacht noch nichts los, nun beginnen im so genannt en Bermuda-Dreieck immer mehr Lokale aufzusperren. Mit unseren zum weißen Cabrio abgestimmten Socken und breitschultrigen Sakkos sind wir absolut auf der Höhe der Zeit. Die politische Stimmung ist dank Kaltem Krieg und Waldsterben noch gedämpft, aber wenigstens der 911 hat nach langer Zeit der Unsicherheit wieder eine glanzvolle Zukunft vor sich.

2006, Casino Baden, abschließender Galaabend: Viele Ehrengäste, Vertreter des Hauses Porsche und Präsidenten befreundeter Clubs sind gekommen. Kurt Sklar, der den Club zwischen 78 und 88 geleitet hat und unter dessen Ägide Clubreisen auch nach Russland oder Ägypten durchgeführt wurden, wird unter großem Applaus zum Ehrenpräsidenten ernannt. Höhepunkt ist jedoch der Anschnitt einer riesigen Geburtstagstorte, deren Stücke an die Teilnehmer verteilt werden. Wir gehen gesättigt ein wenig Frischluft schnappen und blicken auf die drei Porsche Modelle auf der Rampe des Casinos. 50 Jahre nach der Begegnung der drei Porsche-Fahrer im Cafe Landtmann überlegen wir, wie eine Porsche-Jubiläumsfeier in 50 Jahren aussehen könnte. Was immer die Zukunft an neuen Technologien mit sich bringen wird, eines steht auf jeden Fall fest: Wenn der Porsche Club Wien feiert, trifft Speed auf höchste Eleganz!

 

Till Dellisch